ATO GoA2: Neuer ATO-Planungsprozess für hochautomatisiertes Fahren
Im Rahmen des ATO GoA2-Rollouts im Digitalen Knoten Stuttgart kommt erstmals der neu definierte ATO-Planungsprozess zur Anwendung.
Im ATO GoA2-Betrieb (Automatic Train Operation Grade of Automation 2) sollen Züge automatisch beschleunigen, fahren, bremsen und halten, während ein/e Triebfahrzeugführer*in weiterhin an Bord ist, um bei Störfällen, im Abfertigungsprozess oder in besonderen betrieblichen Situationen eingreifen zu können. Die Digitale Schiene Deutschland verfolgt dabei konsequent das Ziel, „ATO over ETCS“ auf Basis von ETCS Level 2 zu implementieren. Mit ihrem ersten Projekt, der „Digitalen S-Bahn Hamburg“, konnte gezeigt werden, dass ATO GoA2 unter Nutzung von ETCS nicht nur technisch und betrieblich möglich ist, sondern auch zeitnah für den regulären Fahrgastbetrieb zur Zulassung gebracht werden kann. Daraufhin wurde der Digitale Knoten Stuttgart (DKS) Startpunkt für einen ersten Rollout in der Fläche. Dafür werden 481 Fahrzeuge mit ATO-On-Board Units ausgestattet sowie der Großraum Stuttgart (ca. 500 Streckenkilometer) mit den notwendigen, streckenseitigen Komponenten für hochautomatisiertes Fahren ausgerüstet.
Grundsätzlich handelt es sich bei ATO GoA2 over ETCS um ein europäisch standardisiertes, interoperables System. Für die Deutsche Bahn wird dieses System mit folgender Systemarchitektur umgesetzt (siehe Abbildung 1).
Die zentralen ATO-Systemkomponenten sind das ATO-Fahrzeuggerät (ATO-Onboard Unit) und das ATO-Streckengerät (ATO-Trackside, ATO-TS). Diese beiden Systeme sowie die dazwischenliegende Over-the-Air-Schnittstelle sind im Rahmen technischer Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) 2023 in verschiedenen Subsets spezifiziert. Auf der Streckenseite ergänzt die Digitale Schiene Deutschland die Systemarchitektur mit den Subsystemen Basic Digital Register (Basic-DR) und CTMS-Translator (CTMS-T). Der CTMS-T dient dabei als Schnittstelle und Übertragungssystem zwischen dem zentralen Dispositionssystem und ATO-TS. Das Basic DR wiederum stellt für beide Subsysteme, CTMS-T und ATO-TS die aktuellen ATO-relevanten Infrastrukturdaten zur Laufzeit zur Verfügung. Diese drei Subsysteme bilden die „ATO-Zentrale“ (ATO-Centre).
ATO-relevante Infrastrukturdaten bilden die streckenseitige Grundlage für das hochautomatisierte Fahren. Die Erstellung dieser Daten erfolgt im neuen ATO-Planungsprozess. Dieser Planungsprozess wurde zunächst für das Projekt „Digitaler Knoten Stuttgart“ (DKS) entworfen und parallel für einen Flächenrollout von ATO weiterentwickelt. Von zentraler Bedeutung dabei ist, dass ein Teil der ATO-Planung (Planung ATO-Datenpunkt) nun integraler Bestandteil der ETCS-Projektierung wird. Der eigentliche ATO-Planungsprozess kann jedoch unabhängig von der ETCS-Planung durchlaufen werden. Für den Flächenrollout von ATO GoA2 ist der Prozess der ATO-Infrastrukturdatenerstellung und die zentralisierte Infrastrukturdatenverwaltung ein entscheidender Baustein. Zusammen mit der gewählten streckenseitigen Systemarchitektur ist damit die technische Voraussetzung für einen effizienten, digitalen Rollout gegeben.
Wer mehr zu dem Rollout von ATO GoA2 und dem dahinterliegenden Planungsprozess erfahren möchte: In einem Fachartikel in der aktuellen Ausgabe des Magazins Signal & Draht (11/24) haben unsere Expert*innen die streckenseitige Systemarchitektur von ATO GoA2 sowie die Bestandteile und die Anwendung des ATO-Planungsprozesses detailliert erläutert.