Digitale S-Bahn Hamburg
Die Digitale S-Bahn Hamburg ist das erste Projekt, das im Rahmen der Sektorinitiative „Digitale Schiene Deutschland“ realisiert wurde. Erstmalig wurde hochautomatisiertes Fahren (ATO GoA2) auf Basis des europäischen Zugbeeinflussungssystems ETCS umgesetzt („ATO over ETCS“).
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„Digitale S-Bahn Hamburg“ - so hieß das erste Projekt, das bei der Deutschen Bahn im Rahmen des Konzernprogramms „Digitale Schiene Deutschland“ umgesetzt wurde. Die Nachfrage nach öffentlichem Personennahverkehr, insbesondere in Ballungsräumen, steigt seit Jahren stark an. Um dafür die notwendige Kapazität zu schaffen, muss der S-Bahn-Betrieb digitalisiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist die Deutsche Bahn bereits im Juli 2018 eine Partnerschaft mit der Hansestadt Hamburg und Siemens Mobility eingegangen. Das Pilotprojekt „Digitale S-Bahn Hamburg“ zeigt, wie neue Technologien den Nahverkehr in wachsenden Städten leistungsfähiger machen.
Kern des Projektes ist die Vernetzung der Infrastruktur mit dem Fahrzeug auf Basis des europäischen Zugbeeinflussungssystems ETCS (European Train Control System) und Technologien des automatisierten Fahrens ATO (Automatic Train Operation). Dabei wurde das Ziel verfolgt, ATO unter Nutzung von ETCS, nicht nur technisch und betrieblich umzusetzen, sondern auch zeitnah für den regulären Fahrgastbetrieb zur Zulassung zu bringen. Dadurch wurde ein wichtiger Meilenstein für die Einführung von ATO im deutschen Schienennetz erreicht.
Der hochautomatisierte Bahnbetrieb bringt zahlreiche Vorteile: Die Taktung auf derselben Strecke kann bei flächendeckender Ausrüstung deutlich verkürzt werden – ohne ein Meter Gleis neu zu bauen. Die Energieeffizienz steigt, da automatisiertes Beschleunigen und Bremsen den Energieverbrauch senkt. Insgesamt wird der Betrieb zuverlässiger und stabiler.
Anfahren, Beschleunigen, Bremsen, Halten: All das erledigen die hochautomatisierten Züge von selbst auf der dafür ausgerüsteten Strecke. Auf dem entsprechend ausgebauten Abschnitt übernimmt der Triebfahrzeugführer nur noch eine überwachende Funktion und greift lediglich bei Störungen ein.
Die Bereitstellung der vier Züge erfolgt sogar vollautomatisch: Wenn die S-Bahnen in die Abstellgleise oder zum Bahnsteig in der Station Bergedorf fahren, tun sie das ganz ohne Triebfahrzeugführer:in. Dabei wird die Fahrt der Fahrzeuge durch eine/n sogenannten Ferntriebfahrzeugführer:in vom Stellwerk aus überwacht. Über den aktuellen Zustand des fahrerlosen Fahrzeugs (z. B. Position oder Geschwindigkeit) informiert eine grafische Benutzeroberfläche. Ein weiteres Feature stellt das automatische Türenöffnen und -schließen am Bahnsteig dar. Hierzu war es erforderlich, neue Türbedienelemente und Sensoren zu integrieren.
Um den digitalen Betrieb zu realisieren, wurden die S-Bahnen umgerüstet: Balisenantennen, Radare und ETCS- und ATO-Computer im Zug erlauben das hoch automatisierte Fahren. Und auch die Infrastruktur entlang der Strecke hat mit einem aufgerüsteten Stellwerk, überarbeiteter Signaltechnik und Eurobalisen ein Upgrade bekommen. Das elektronische Stellwerk überwacht die richtige Lage der Weichen und stellt die Signale für die Züge.
Der neue ETCS-Computer erhält im Stellwerk Informationen für die Zugsteuerung, unter anderem Signalbefehle und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die daraus folgenden Fahranweisungen schickt der Rechner über Funk an die Fahrzeuge und überwacht ihre Ausführung kontinuierlich. Neben der ETCS-Zentrale gehören zum ETCS die im Gleis verlegten Balisen. Diese Datenpunkte übermitteln zusätzliche statische Informationen, wie beispielsweise die Ortung, an das Fahrzeug.
Die Steuerung der vier Fahrzeuge erfolgt per Funksignal. Die funkbasierte Kommunikation zwischen den Fahrzeuggeräten und der Streckenausrüstung wird im ETCS-Betrieb über den Bahnfunk-Standard GSM-R realisiert, während im ATO-Betrieb über ein 4G-Netz kommuniziert wird. Für die vollautomatische Rangierfahrt, die temporär während des ITS-Weltkongresses im Oktober 2021 in Bergedorf demonstriert wurde, wurde ein eigens konfigurierter Rechner im Fahrzeug installiert. Dabei erfolgt die Kommunikation in einem erstmalig aufgebauten 5G-Netz.
Im Zug selbst befinden sich ein ETCS- sowie ein ATO-Fahrzeuggerät. Sobald der Zug unter ETCS-Überwachung fährt, kann der/die Triebfahrzeugführer:in das hochautomatisierte Fahren aktivieren. Hierfür erhält das ATO-Fahrzeuggerät vom streckenseitig verbauten ATO-Computer die aktuellen Fahrplandaten sowie aus dem ETCS-Rechner im Fahrzeug die Fahrerlaubnis. Hieraus bildet das ATO-System ein energieoptimiertes Geschwindigkeitsprofil. Zwischen Rothenburgsort und Berliner Tor übernimmt der/die Triebfahrzeugführer:in die Steuerung der S-Bahn wieder auf gewohnte Weise. Das System ist vergleichbar mit einem Autopiloten, wie er auch bei der Luftfahrt genutzt wird. Der Triebfahrzeugführer hat aber immer das letzte Wort. Er kann die Steuerung jederzeit übernehmen.
Alle vier umgebauten Züge der Baureihe 474 fahren nun seit September 2022 im Regelbetrieb. Zukünftig werden weitere Bestandsfahrzeuge der Baureihe 474 und 64 weitere Fahrzeuge der neuen Baureihe 490 mit „ATO over ETCS“ ausgerüstet.
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Die DB und Siemens haben auf dem ITS Weltkongress im Oktober 2021 die ersten vier entsprechend umgebauten Züge vorgestellt. Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB, und Dr. Roland Busch, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, präsentierten das Fahrzeug des Projekts Digitale S-Bahn Hamburg gemeinsam mit Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, bei der Premierenfahrt. Neben der hochautomatischen Fahrt bis Bergedorf wurde zudem die vollautomatische Rangierfahrt in Bergedorf demonstriert.
Über die gesamte Woche hinweg wurden den Messebesuchern Demonstrationsfahrten angeboten. Teil der sogenannten "Future Rail Experience Tour" waren neben dem Projekt Digitale S-Bahn Hamburg auch das Schwesterprojekt Sensors4Rail. Im Schnitt nahmen 60 Teilnehmer und Teilnehmerinnen an den moderierten Fahrten teil und konnten einen Eindruck vonTechnik und neuen Abläufe gewinnen.