Menü
Grafik: Fachartikel Simulationsbasierte Tests im Labor vermeiden teure Feldtests Grafik: Fachartikel Simulationsbasierte Tests im Labor vermeiden teure Feldtests
03.12.2024

Vollautomatisiertes, fahrerloses Fahren:
Simulationsbasierte Tests im Labor vermeiden teure Feldtests

Die Entwicklung des vollautomatisierten, fahrerlosen Fahrens in Schienennetzen erfordert eine große Anzahl von Tests. Dabei muss nachgewiesen werden, dass die Steuerung unter allen möglichen Betriebsbedingungen (z. B. Passieren einer Baustelle) und Umweltbedingungen (z. B. Tag/Nacht, Nebel, Regen, Schnee) zuverlässig und sicher funktioniert. Zusätzlich kommen Sensorsysteme zur Objekt- und Umfelderkennung für die Streckenbeobachtung zum Einsatz, was die Testkomplexität erhöht. Feldtests im Bahnbereich sind jedoch erheblich schwieriger durchzuführen als in der Automobilbranche, wo größere Fahrzeugflotten vergleichsweise einfach eingesetzt werden können. Gleise und Schienenfahrzeuge sind nur begrenzt verfügbar. Daher sind effiziente Teststrategien notwendig, um teure und aufwändige Feldtests auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren.

Ein vollautomatisiert fahrender Zug (Automated Train Operation, Grade of Automation Level 4 - ATO GoA 4) übernimmt neben der Fahrt auch nahezu alle vorbereitenden und abschließenden Schritte selbstständig. Anstelle eines:r Triebfahrzeugführenden wird der Zug durch verschiedene neue Onboard-Systeme gesteuert, die wiederum leistungsfähige Sensorsysteme zur Objekt- und Umgebungserkennung nutzen. In der Regel haben diese neuen Systeme zusätzliche Schnittstellen zu einem Zugsteuerungs- und -Managementsystem (Traffic Control Management System - TCMS) und zum ETCS-Onboardsystem. Das Zusammenspiel aller beteiligten Systeme muss in zahlreichen Tests nachgewiesen werden. Um die dafür erforderlichen, aufwändigen und teuren Feldtests zu reduzieren, werden intelligente Testumgebungen entwickelt, die möglichst viele Prüfungen bereits im „Labor“ ermöglichen.

 

Diese Testumgebungen erlauben Systemintegrations-, Verifizierungs- und Validierungstests in allen Entwicklungsphasen. Die Digitale Schiene Deutschland hat dazu in ihrem Testfeld bei der Havelländischen Eisenbahn (HVLE) in Berlin-Spandau entsprechende Testumgebungen installiert. Vergleichbare Ansätze werden auch in der Automobilbranche für hoch- oder vollautomatisierte Systeme verwendet. Die Abbildung bietet einen Überblick über die eingesetzten Testumgebungen.

Übersicht der Systemtestumgebungen (Quelle: Digitale Schiene Deutschland/DB InfraGo AG) Übersicht der Systemtestumgebungen (Quelle: Digitale Schiene Deutschland/DB InfraGo AG)
Übersicht der Systemtestumgebungen (Quelle: Digitale Schiene Deutschland/DB InfraGo AG)

 

Mit den Testumgebungen können sämtliche Tests in den frühen Entwicklungsphasen vollständig im Labor erfolgen. Erst in späteren Phasen werden gezielt Feldtests auf Gleisen durchgeführt. Mit dem ersten Schritt „Model-in-the-Loop“ (MIL) kann bereits von Anfang an in der Systemanforderungsphase, begonnen werden. Mit fortgeschrittener Systementwicklung werden dann die Schritte „Software-in-the-Loop“ (SIL), „Hardware-in-the-Loop“ (HIL), „Testen im Testfeld“ und das „Data Replay“ eingeführt. Erst in der Endphase des Projekts, wenn das zu testende System (System unter Test, SUT) vollständig entwickelt ist, werden kostenintensivere Feldtests umgesetzt.

 

Die Digitale Schiene Deutschland erprobt diese Ansätze unter anderem im Entwicklungsprojekt AutomatedTrain, das vom BMWK gefördert wird. Gemeinsam mit neun Partnern demonstriert sie dabei eine vollautomatische, fahrerlose Bereitstellungs- und Abstellfahrt sowie die zugehörige automatische Auf- und Abrüstung des Zugs.

 

In der aktuellen Ausgabe des Magazins Signal & Draht (11/24) werden die Teststrategie, die Testphasen sowie die einzelnen Testumgebungen, die für die Entwicklung des vollautomatisierten Fahrens notwendig sind, ausführlich beschrieben.

 

Link zum Fachartikel