FRMCS/5G Testnetz
Der bestehende, auf 2G beruhende Bahnfunk GSM-R (Global System for Mobile Communications – Railway), wird den hohen Anforderungen der digitalen Anwendungen hinsichtlich Bandbreiten und Latenzzeiten nicht mehr gerecht. 5G wird die Grundlage für ein effizientes und flexibles „Future Railway Mobile Communication System (FRMCS)“ bilden.
Aufbau Basisinfrastruktur für FRMCS/5G Anlagen
Betrieb Basisinfrastruktur für FRMCS/5G Anlagen
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Technologien
FRMCS wird mit einer höheren unterstützten Datenrate und reduzierten Latenzzeiten eine leistungsstarke und störungsfreie Konnektivität für eine Vielzahl von digitalen Anwendungen schaffen. Im Digitalen Testfeld Bahn (DTB) im Erzgebirge betreibt die Digitale Schiene Deutschland ein 5G-basiertes Kommunikationsnetz, um den zukünftigen Bahnfunkstandard „Future Railway Mobile Communication System“ (FRMCS) zu erproben. Dabei werden insgesamt acht Funkstandorte entlang einer 10 km langen Bahnstrecke, mit umfangreicher Mast- und Antenneninfrastruktur sowie Glasfaseranbindung und einem zentralen Server-Standort, genutzt. Das DTB ist Innovationswerkstatt und Reallabor der Digitalen Schiene Deutschland. Es besteht aus einer Laborzentrale am Bahnhof Scheibenberg, einer Laborstrecke, Laborfahrzeugen und weiterer Testinfrastruktur. Darin werden die zukünftigen Systeme des digitalisierten Bahnbetriebs im Praxiseinsatz erprobt, validiert und für einen zukünftigen Rollout im Bahnnetz vorbereitet. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Digitalen Schiene Deutschland im DTB waren bzw. sind u. a. das erfolgreich abgeschlossene EU-Projekt „5G RAIL“, das deutsch-französische Innovationsprojekt „5G-RACOM“ und Konnektivitätstests im Rahmen des Europe’s Rail Joint Undertaking Projekt “R2DATO”. Ab Herbst 2024 wird das DTB auch eine zentrale Rolle im FRMCS-Validierungsprojekt „Morane-2“ spielen.
Für die von der Digitalen Schiene Deutschland angestrebte weitreichende Digitalisierung des Bahnsystems und die damit in den Bahnsektor eingeführten Technologien, wie unter anderem künstliche Intelligenz, modernste Sensorik und hochpräzise Zuglokalisierung, stellt das zukünftige bahnbetriebliche und 5G-basierte Funksystem Future Railway Mobile Communication System (FRMCS) eine wesentliche Grundlage dar. Denn die Digitalisierung geht mit neuen Anwendungsfällen und anspruchsvolleren Anforderungen an die Datenkommunikation einher. FRMCS wird das derzeitige GSM-R Funksystem während einer Migrationsphase ergänzen und perspektivisch ablösen.
Das Bahnfunksystem FRMCS setzt sich technisch aus dem sogenannten „Transport Stratum“ und dem „Service Stratum“ zusammen. Das Transport Stratum wird über 5G realisiert und bildet die Übertragungsebene für das Service Stratum, welches mit dem 3GPP Mission Critical Services (MCx) Framework umgesetzt wird. Das MCx Framework bietet zusätzliche Funktionalitäten, z. B. zur Authentifizierung, Gruppenkommunikation und Videoübertragung, welche heutige wie auch zukünftige Bahnapplikationen benötigen, so z. B. für das automatisierte Fahren oder für ein zukünftig KI-basiertes Verkehrsmanagement.
In einer der weltweit ersten FRMCS-Testinstallationen im Digitalen Testfeld Bahn im Erzgebirge stellt Nokia die 5G-Technologie bereit, während Kontron Transportation die Mission Critical Services (MCx) realisiert. Beide Lösungen basieren auf dem aktuellen Release 16 des 5G Mobilfunkstandards der 3GPP und werden entlang zukünftiger Releases aufgerüstet. Die Projektpartner bauen in dieser Forschungskollaboration ihre Erfahrungen für den Aufbau zukünftiger FRMCS-Systeme aus und bringen die Ergebnisse aktiv in die laufende Standardisierung von FRMCS ein. Somit spielt die FRMCS-Erprobung im Erzgebirge auch eine maßgebliche Rolle für die europa- bzw. weltweite FRMCS-Einführung. Nokia setzt in der Testinstallation auf bewährte Komponenten für die Funkschnittstelle („5G Airscale Radio“), eine kompakte Zentrale zur Netzsteuerung („5G Stand-Alone Cloud Packet Core“) sowie Komponenten zur Verbindung und Synchronisation aller Netzwerk-Bestandteile.
An den Funkstandorten entlang der Teststrecke und auf dem Dach des Bahnhofs Scheibenberg wurden sogenannte „Remote Radio Heads“ und Antennen mit einer 4x2 MIMO-Konfiguration installiert: Hiermit können Signale besser in die gewünschte Richtung fokussiert und zwei Datenströme parallel übertragen werden. In der Laborzentrale des Bahnhofs befindet sich die zentrale Netzsteuerung, die Komponenten zur Ansteuerung der Antennen (sogenannte „Radio Base Band Units“) sowie eine Network Service- und Testplattform zur Unterstützung der zukünftigen Tests. Für den Betrieb und Monitoring kann auf alle Komponenten auch aus der Ferne zugegriffen werden.
Kontron Transportation liefert hierzu die MCx Lösung, die bereits bei einigen Bahnunternehmen eingesetzt wird. Diese besteht unter anderem aus einer zentralen Komponente für die Realisierung von Sprachfunkdiensten („IMS basierter SIP Core“) und einem Server für weitere, datenbasierte Applikationen. Darüber hinaus gehören zu der Lösung Smartphones mit speziellen MCx-Applikationen sowie eine Applikation für Funktionen des Fahrdienstleiters.
Im Februar 2022 konnte ein wichtiger Meilenstein der gemeinsamen Forschungskollaboration erreicht werden: Über das neu aufgebaute 5G Stand-Alone Mobilfunknetz wurde ein MCPTT („Mission-Critical Push-to-Talk“) Anruf realisiert. Darüber hinaus wurden im Verlauf des Jahres 2022 erste Übertragungstests simulierten bahnspezifischen Datenprofilen gestartet. Diese Grundfunktionen eines FRMCS-Systems, welche das erfolgreiche Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten unter Beweis stellen, konnten erstmalig in einem Livesystem erprobt werden. Für das gesamte System bedeutet dies eine bestandene Bewährungsprobe: für das zukünftige 5G basierte Bahnfunknetz FRMCS selbst und für die Einführung neuer Technologien ins System Bahn.
In einer zweiten Projektphase wird das aufgebaute FRMCS/5G-Testnetz bis Ende 2026 für andere Projekte als Testumgebung zur Verfügung gestellt. Weitere Ausbauten und Aktualisierungen im FRMCS-Testfeld sollen in den nächsten Jahren entsprechend den Anforderungen der verschiedenen Projekte realisiert werden. Zwei Projekte, die das Setup nutzen sind 5GRail (ein Horizon 2020-Projekt der EU), das die Validierung der FRMCS v1 Spezifikationen zum Ziel hat, sowie 5G-RACOM (ein deutsch-französisches Innovationsprojekt), das im Erzgebirge die Nutzung von Hybridnetzen untersucht. In der hybriden FRMCS Architektur dient ein öffentliches Mobilfunknetz als zusätzliche Rückfallebene zu einem bahneigenen FRMCS/5G Mobilfunknetz. Dies macht den Bahnfunk noch sicherer gegen Ausfälle.
Ferner werden Einsatzmöglichkeiten von FRMCS für zukünftig neue Anwendungen des automatisierten Bahnsystems erprobt. Hierzu gehört u.a. die Erprobung des ETCS Level 3 Hybrid Moving Block Ansatzes, welcher auf einer neuen Sicherheitsarchitektur basiert und im Kontext des Förderprogramms „Europe’s Rail“ erforscht und entwickelt wird. So wird es möglich sein, dass Züge in flexiblen, optimalen Abständen fahren und deutlich mehr Kapazität auf die Schiene gebracht wird.
Nutzen:
- Erfüllung von höheren Anforderungen an den Datenaustausch zwischen Zug und Strecke durch 5G-basiertes Funksystem FRMCS.
- Das MCX Framework bietet standardisierte zusätzliche Funktionalitäten, u.a. zur Authentifizierung, Gruppenkommunikation und Videoübertragung.
- Damit entsteht eine hoch performante Mobilfunkplattform, auf der neue Applikationen des digitalisierten Bahnsystems getestet werden können.
Fachartikel:
Weitere Informationen zum Thema FRMCS im Artikel „5G für das digitalisierte Bahnsystem der Zukunft – ein Ausblick auf FRMCS“ (erschienen in: Signal + Draht, Ausgabe 03/22).
Projektlaufzeit
Partner
Im Digitalen Testfeld Bahn im Erzgebirge erprobte die Digitale Schiene Deutschland zusammen mit Partnern neuartige Antennentechnologien für das 5G-basierte Bahnfunknetz „Future Railway Mobile Communication System“ (FRMCS). FRMCS wird neben dem bereits in GSM-R genutzten Frequenzbereich bei 900 MHz auch Funkübertragungen bei 1,9 GHz unterstützen. Um die Zellreichweiten und die Datenraten bei diesen Funkübertragungen zu optimieren, wurde eine Feldstudie zur Performanz von innovativen Mehrantennensystemen für FRMCS durchgeführt. Die Feldversuche tragen wesentlich zur Planung und Dimensionierung der künftigen FRMCS-Infrastruktur bei.
Ein elementarer Baustein, um höhere Datenraten zu erreichen und die Reichweite der Funkzellen in Bahnkommunikationsnetzen erheblich zu erhöhen, sind innovative Mehrantennen-Funkverfahren. Beispiele hierfür sind Multiple-Input Multiple-Output (MIMO*), Coordinated Multi-Point (CoMP***) und Beamforming**, die allesamt für eine Optimierung der Funkübertragung im Bahnumfeld eingesetzt werden können. Eine Konzept- und Simulationsstudie zu diesen Technologien wurde bereits im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Digitalen Schiene Deutschland und Ericsson im Jahr 2019 durchgeführt. In diesem Folgeprojekt realisierten die Partner einen Praxistest der Technologien im Digitalen Testfeld Bahn der DB im sächsischen Erzgebirge. Die Feldversuche wurden im TDD-Frequenzband 1900-1910 MHz durchgeführt, das eines der Frequenzbänder für die Einführung von FRMCS sein wird.
Im Rahmen der geplanten Versuche zur Performanz von Mehrantennentechniken im Eisenbahnkontext stellte Ericsson die Mobilfunknetzinfrastruktur und die Firma Rohde & Schwarz spezialisiertes Messequipment bereit.
Ein weiterer Partner war DB Technik TecLab, welcher den Testzug „advanced TrainLab“ – das fahrende ICE-Labor für die Erprobung von Zukunftstechnologien – mit in das Projekt einbrachte. Auf dem Dach des Test-ICE befindet sich eine Dachträgerplattform, die das flexible Anbringen mehrerer Zugantennen erlaubt. Damit können verschiedene Strategien für die Platzierung von Fahrzeugantennen für FRMCS bewertet werden.
Die Feldversuche sind ein wesentlicher Schritt der Digitalen Schiene Deutschland und DB Netz auf dem Weg zur geplanten Einführung einer DB-eigenen FRMCS-Infrastruktur, die die entscheidende Basis für die Konnektivität des digitalen Bahnsystems bilden wird. Die Erkenntnisse aus der Praxiserprobung sollen dazu beitragen die FRMCS-Funkbereitstellung auf die spezifischen Anforderungen des digitalen Bahnsystems der Zukunft zuzuschneiden. Darüber hinaus werden sie in den laufenden FRMCS-Standardisierungsprozess einfließen. Zudem werden die Erkenntnisse aus der Erprobung eine wichtige Basis für die Dimensionierung des Flächenrollouts von FRMCS/5G darstellen.
* Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Systeme nutzen gleichzeitig mehrere Antennenelemente an Sende- und Empfangsseite für das räumliche Multiplexen von mehreren Datenströmen.
** Beamforming-Verfahren erlauben es, ein Sendesignal gezielt in eine bestimmte Richtung auszustrahlen und damit die Signalqualität, die Signalreichweite und die Datenrate zu erhöhen.
*** Coordinated Multi-Point (CoMP) bezeichnet Verfahren, bei welchen Antennen an benachbarten Funkzellenstandorten die Datensignale für/von einem Zug durch Koordinationsmechanismen gemeinsam senden/empfangen und damit die Signalqualität und Datenrate insbesondere an den Rändern der Funkzellen erhöhen.
Nutzen:
- Zuschnitt der FRMCS-Funkbereitstellung auf die spezifischen Anforderungen von Applikationen des digitalen Bahnsystems
- Beitrag zum laufenden FRMCS-Standardisierungsprozess
- Wichtige Basis für die Dimensionierung des Flächenrollouts von FRMCS/5G (z. B. Anzahl und Dichte von Funkmasten)
Fachartikel:
Weitere Informationen zum Thema FRMCS im Artikel „Innovative Antennentechnologien für FRMCS - Feldstudie bei 1,9 GHz“ (erschienen in: Signal + Draht, Ausgabe 311/22).
Projektlaufzeit
Partner
Im Projekt 5GRAIL („5G for future Railway mobile communication system“) arbeiteten 18 europäische Partner bis Ende 2023 gemeinsam an der Validierung der ersten FRMCS Spezifikationen, genannt FRMCS v1, an Prototypen für die 5G Telecom On-Board Architektur (TOBA) und an Aspekten einer 5G Netzwerkarchitektur für den grenzübergreifenden Zugfunk (Cross-Border Communication).
Im Testfeld im Erzgebirge wurden zu den genannten Forschungsgegenständen umfangreiche Feldversuche durchgeführt. Insbesondere wurden die 5G/FRMCS Ende-zu-Ende Übertragungen der bahnbetrieblichen Applikationen des Sprachfunks, von ETCS-Datenprotokollen und von betriebsrelevanten Videosequenzen getestet. Die Ergebnisseder Feldversuche haben die weiteren FRMCS Spezifikationsversionen maßgeblich beeinflusst.
Mehr über das Projekt erfahren Sie auch auf 5grail.eu.
Ab Herbst 2024 ist die Digitale Schiene Deutschland mit ihrem Digitalen Testfeld Bahn im Erzgebirge zudem am offiziellen FRMCS-Validierungsprojekt „Morane-2“ beteiligt, welches auf 5GRAIL aufbaut. Dieses Projekt ist die Voraussetzung dafür, dass die vollständigen FRMCS-Spezifikationen in der nächsten Technical Specification for Interoperability (TSI) verankert sein können.
Projektlaufzeit
Partner
Im Projekt 5G-RACOM („5G for Resilient and Green RAil COMmunications“) arbeiten zehn deutsche und französische Partner bis Ende 2025 an einer effizienten Nutzung des FRMCS-Frequenzspektrums und einem resilienten, zuverlässigen Systemdesign für die Zugfunkinfrastruktur basierend auf 5G. Neben der DB Netz AG ist auch die Technische Universität Chemnitz aus Sachsen Partner des Projekts, welches durch das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) gefördert wird. Ein Schwerpunkt der Erprobung im Erzgebirge ist die Realisierung einer hybriden FRMCS-Netzwerkarchitektur. Hierbei werden bahnbetriebliche Applikationen in bestimmten Situationen nicht nur über das betriebseigene, private FRMCS Netzwerk der Bahninfrastrukturmanager übertragen, sondern zusätzlich über das 5G Netzwerk von öffentlichen Mobilfunkanbietern. Dies kann bei zeitweisen Kapazitätsengpässen oder als Rückfallebene sinnvoll sein. 5G-RACOM analysiert die für die nahtlosen Netzübergänge in hybriden FRMCS-Netzwerken notwendigen 5G Multipath-Lösungen und strebt den Aufbau einer Demonstrationsumgebung im Digitalen Testfeld Bahn an.
Mehr über das Projekt erfahren Sie auch auf www.5g-racom.eu
Projektlaufzeit
Partner
Fachartikel
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Erste FRMCS/5G-Testumgebung in Deutschland für das Bahnsystem aufgebaut | Juni 2023
Im Digitalen Testfeld Bahn im Erzgebirge haben DB Netz, Nokia und Kontron Transportation ein 5G und Mission Critical Service (MCx) basiertes Kommunikationsnetz für die Erprobung des zukünftigen Bahnfunkstandards FRMCS (Future Railway Mobile Communication System) aufgebaut und getestet.
Erschienen in: Signal + Draht
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Artikel in "Signal & Draht" | Innovative Antennentechnologien für FRMCS - Feldstudie bei 1,9 GHz | 11/22
Das Future Railway Mobile Communication System (FRMCS)
wird der Nachfolger von GSM-R. Es wird auf 5G-Technologien
basieren und die bahnbetriebliche Funkkommunikation
verbessern. Dabei ermöglichen weiterentwickelte Funkzugangsnetz- und Kernnetzarchitekturen sowie innovative
Antennensysteme in FRMCS höhere Bitraten, geringere Latenzen
und hohe Zuverlässigkeit für die zukünftigen Datenübertragungen
im Rahmen der Digitalisierung und Automatisierung des
Bahnbetriebs. Dieser Beitrag legt den Schwerpunkt auf Mehrantennen- Funktechnologien und deren Vorteile für FRMCS-Netze bei 1,9 GHz.Quelle: SIGNAL + DRAHT
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Artikel in "Signal + Draht" | 5G für das digitalisierte Bahnsystem der Zukunft – ein Ausblick auf FRMCS | 03/22
Durch die Digitalisierung des Bahnsystems wird die Echtzeitdatenübertragung zwischen Zug und Strecke durch eine hochleistungsfähige, drahtlose Verbindung immer wichtiger. Mit der Einführung des 5G-basierten Future Railway Mobile Communication System (FRMCS) wird die dafür benötigte Konnektivität realisiert. Dieser Beitrag gibt einen Ausblick auf künftige Anwendungsfälle, die FRMCS Architektur sowie die umfangreichen Aktivitäten der DB im Kontext von FRMCS- Standardisierung, -Entwicklung und -Feldversuchen.
Quelle: SIGNAL + DRAHT