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Christian Pfeiffer, Projektmanager Perception bei der Digitalen Schiene Deutschland Christian Pfeiffer, Projektmanager Perception bei der Digitalen Schiene Deutschland | © Digitale Schiene Deutschland, DB InfraGO AG
06.03.2025

AutomatedTrain: Christian Pfeiffer über das Sensor-Setup für die vollautomatisierte, fahrerlose Bereitstellungs- und Abstellungsfahrt

Die Zukunft des vollautomatisierten Schienenverkehrs beginnt jetzt: 
Im Projekt AutomatedTrain entwickelt und demonstriert die Digitale Schiene Deutschland gemeinsam mit acht Partnern die technische Machbarkeit einer fahrerlosen Bereitstellungs- und Abstellungsfahrt sowie die automatische Auf- und Abrüstung des Zuges. Christian Pfeiffer, Projektmanager Perception bei der Digitalen Schiene Deutschland, gibt einen Einblick, welche Umfeldsensorik bei der Hinderniserkennung in der vollautomatisierten Bereitstellung und Abstellung zum Einsatz kommt. 

Christian, wie sieht der Zug der Zukunft aus, der vollautomatisiert, fahrerlos aus der Abstellung zum Bahngleis fahren kann? 

 

Mit unserem Projekt AutomatedTrain zeigen wir, dass die fahrerlose Bereitstellungs- und Abstellungsfahrt technisch möglich sein wird. Neben der Automatisierung verschiedener Fahrzeugkomponenten braucht der Zug der Zukunft vor allem eine zentrale Fähigkeit: Er muss eigenständig erkennen, ob der einsehbare Fahrweg frei von Objekten und Hindernissen ist. 

Dafür wird in AutomatedTrain an der Zugfront ein Sensorset eingebaut, das die Umgebung erfasst. Siemens Mobility und Bosch Engineering entwickeln im Rahmen des Projektes ein neues Hinderniserkennungssystem mit gemeinsamen Systemansatz, welches einerseits in einen Mireo-Zug von Siemens Mobility und andererseits in einem Zug der S-Bahn Stuttgart, Baureihe 430 von Alstom, integriert wird. Der Umbau der Fahrzeuge startet im Frühjahr 2025. Die Demonstration der fahrerlosen Bereitstellungs- und Abstellfahrt findet mit einem Mireo-Fahrzeug im Prüf- und Validationcenter von Siemens Mobility in Wegberg-Wildenrath statt. Die Feldtests zur Erhebung von Sensordaten und Handlungsableitung im realen Betrieb erfolgen auf Referenzstrecken in Stuttgart. 

 

Welche Sensorik wird konkret verbaut? 

 

Unser Sensor-Setup für die Umfeldwahrnehmung umfasst: 

 
✅ 6 Lidar-Sensoren für die Umgebungserfassung in Mittel- und Fernbereich 

✅ 7 Farbkameras mit hohem dynamischem Kontrastumfang zur Objekterkennung 

✅ 3 Radarsensoren zur Hinderniserkennung auf nahe und mittlere Distanzen 

✅ 8 Ultraschallsensoren für die Nahbereichserkennung 
✅ 2 Infrarotkameras (LWIR) zur Erfassung von Wärmequellen 

 

Diese Kombination aus verschiedenen Sensortechnologien und Sichtbereichen ist darauf ausgelegt, eine möglichst präzise und robuste Erfassung der Umgebung sicherzustellen – eine entscheidende Voraussetzung für den sicheren fahrerlosen Betrieb. 

Integration der AutomatedTrain Sensorik für die Umfeldwahrnehmung Integration der AutomatedTrain Sensorik für die Umfeldwahrnehmung
Integration der AutomatedTrain Sensorik für die Umfeldwahrnehmung

Welche Herausforderungen müssen Sensorik und Umgebungserkennung bewältigen? 

 

Für den Einsatz eines solchen Systems ist es entscheidend, dass die Sensorik und nachgeschaltete Erkennungsalgorithmen mindestens so leistungsfähig sein müssen wie ein:e Triebfahrzeugführende:r. Das bedeutet: 

  • Vorausschauende Hinderniserkennung: Personen und Objekte im Gleis müssen frühzeitig erkannt werden, so dass die automatische Bremsung rechtzeitig eingeleitet werden kann. 
  • Zuverlässigkeit unter allen Umweltbedingungen: Auch widrigste Wetterbedingungen wie Starkregen, Nebel, Schnee, Hagel, Sturm und Dunkelheit dürfen die Sensorleistung nicht maßgeblich beeinträchtigen. 
  • Integration in bestehende Fahrzeuge: Das System muss sich in verschiedene Zugtypen einfügen lassen. 

 

Bislang gibt es auf dem Markt kein System, das die Wahrnehmungsfähigkeiten eines:einer Triebfahrzeugführenden in diesem Maßstab abzubilden versucht. Wir setzen dabei auf einen multimodalen Ansatz, um auf Basis verschiedener Sensortechnologien die strengen Sicherheitsanforderungen der Bahnbranche zu erfüllen. 

Zusätzlich müssen wir vor dem Einsatz im Schienenfahrzeug bahnspezifische Anforderungen u.a. zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), Stoßfestigkeit und Brandschutz einhalten. Ein weiterer Aspekt ist der Schutz der Sensorik und Schnittstellen vor Manipulation durch Dritte. 

 

Was sind die nächsten Schritte? 

 

Derzeit nehmen wir sämtliche Sensoren in unseren Dynamic-Mock-Ups in Betrieb: einem Testfahrzeug, das die S-Bahn BR430 darstellt, sowie einem weiteren, das das Mireo-Fahrzeug repräsentiert. Diese befinden sich am Standort der Havelländischen Eisenbahn in Berlin Spandau, wo wir in den nächsten Wochen die erste Version des Hinderniserkennungssystems testen.  

Visualisierung der Sichtbereiche aller Einzelsensoren in AutomatedTrain entsprechend ihrer Verbauposition und Ausrichtung in der Zugfront Visualisierung der Sichtbereiche aller Einzelsensoren in AutomatedTrain entsprechend ihrer Verbauposition und Ausrichtung in der Zugfront
Visualisierung der Sichtbereiche aller Einzelsensoren in AutomatedTrain entsprechend ihrer Verbauposition und Ausrichtung in der Zugfront

Dabei kommt auch der sogenannte Vehicle Data Logger zum Einsatz. Er zeichnet die durch die Sensorik erhobenen Daten auf und ermöglicht uns, in verschiedenen Entwicklungsständen des Systems die gleichen Eingangsdaten bereitzustellen.  Dadurch können wir Fortschritt und Verbesserungen eindeutig und vergleichbar evaluieren. 

 

Diese Datenbasis legt auch den Grundstein für eine skalierbare Lösung: Langfristig können immer mehr Fahrzeuge als Datenerzeuger genutzt und mit der sogenannten Data Factory verbunden werden. In der Data Factory werden die Sensordaten erfasst, gespeichert und verarbeitet, um qualitative hochwertige Multisensordatensätze und einen synchronisierten Multisensordatenpool zu erzeugen. Diese Datensätze sind essenziell für die Entwicklung und Verbesserung von Machine Learning und ermöglichen das Training künstlicher Intelligenz, die Objekte und Streckenbedingungen präzise erkennen kann, um einen vollautomatisierten Bahnbetrieb zu ermöglichen. So wird eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Objekterkennung über die Projektgrenzen hinweg möglich.  

 

 

Neben den technischen Einzelheiten interessiert viele sicherlich auch der praktische Einsatz dieser Technologie. Gibt es bald eine Gelegenheit, sich die Sensorik und die dahinterstehende Dateninfrastruktur live anzusehen? 

 

Auf der Hannover Messe vom 31. März bis 4. April 2025 werden wir unser Projekt am Gemeinschaftsstand der Plattform Industrie 4.0 präsentieren. Wer mehr erfahren möchte, ist herzlich eingeladen, uns dort zu besuchen! 

 

Mit AutomatedTrain treiben wir die Automatisierung auf der Schiene weiter voran – und setzen einen wichtigen Meilenstein für den Schienenverkehr der Zukunft. 
 
AutomatedTrain wird gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union. Zuwendungsgeber sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie die Europäische Union.