IBM Case: Schnellere Bearbeitung, weniger Fehler: Die Digitale Schiene Deutschland überprüft Spezifikationsdokumente mit KI
Die Digitale Schiene Deutschland hat gemeinsam mit IBM Client Engineering ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt, um die Prüfung von Spezifikationsdokumenten mittels KI-Werkzeugen zu beschleunigen. Ziel ist es, bei der Dokumentenverifizierung Zeit einzusparen und eine standardisiert höhere Qualität der Dokumente zu erreichen. Zunächst wird die Lösung bei der Bearbeitung formaler Kriterien in Dokumenten erprobt.
Aufgabe der Sektorinitiative Digitale Schiene Deutschland ist es, die Technologie der Bahn zu modernisieren. Im Zuge dessen gilt es eine Fülle neuer Systeme zu spezifizieren oder weiterzuentwickeln. Für jedes System muss eine Vielzahl von Spezifikationsdokumenten erstellt und geprüft werden. Der Prüfprozess ist mit einigen Herausforderungen verbunden.
Zum einen zieht sich die manuelle Prüfung aller Unterlagen oft über einen längeren Zeitraum. Denn je Release müssen bis zu 3600 Dokumente geprüft werden. Ein Beispiel: Die rein formale Prüfung von Merkmalen wie z. B. dem Abgleich zwischen Referenztabelle und den im Text aufgeführten Referenz-Dokumenten kann bis zu zwei Stunden in Anspruch nehmen. Noch aufwändiger ist die inhaltliche Prüfung, die je nach Umfang der Dokumente zwischen zwei Tagen und zwei Wochen dauern kann. Mit zunehmender Dauer des Prüfprozesses steigt auch die Fehleranfälligkeit.
Künstliche Intelligenz unterstützt bei Prüfung
Um dieses Problem zu lösen, soll künftig die formale Prüfung durch künstliche Intelligenz unterstützt werden, um die fehleranfälligen manuellen Prozesse zu beschleunigen. Darunter fallen Kriterien wie korrekte Informationen auf dem Deckblatt, korrektes Datum, korrekte Seriennummern, richtig ausgefüllte Felder und viele weitere. In nur vier Wochen haben IBM Client Engineering und die Digitale Schiene Deutschland daraufhin ein erstes Minimum Viable Product realisiert. Dabei werden mit Hilfe von IBM Watson Discovery, der KI-gestützten Plattform für intelligente Dokumenten- und Inhaltsanalyse von IBM, formale Kriterien aus den Dokumenten extrahiert. Eine Python-Anwendung prüft anhand definierter Regeln die Einhaltung und erstellt automatisiert einen Bericht mit Verbesserungspotenzial. Dieser wird an den Ersteller des Dokuments zurückgemeldet.
Das entwickelte MVP wurde auf jeweils 30 Dokumente aus den Fachbereichen European Train Control System (ETCS) und Digitales Stellwerk (DSTW) ausgelegt. Dauerte die manuelle Prüfung bisher 10 bis 15 Minuten, kann sie künftig mit dem KI-basierten Verfahren in der Hälfte der Zeit durchgeführt werden. Dies bestätigt die Annahme, dass Künstliche Intelligenz einen großen Beitrag zur Effizienzsteigerung im Prüfprozess leisten kann.
Weniger Fehler, mehr Qualität
Die KI-gestützte Prüfung formaler Aspekte verkürzt nicht nur die Bearbeitungszeit. Auch die Fehlerquote sinkt deutlich, da Details automatisiert auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Fehlerhafte Dokumente und aufwendiges Nacharbeiten werden vermieden. Dadurch werden die handelnden Personen entlastet und können sich auf komplexe Aufgaben, wie die inhaltliche Prüfung der Dokumente konzentrieren. Die (teil-) automatisierte Überprüfung und Erfassung von formalen Daten ermöglicht eine Steigerung des Qualitätsniveaus im Prozess der Prüfung von Dokumenten.
Der bisherige Prozess ist aufgrund der Bearbeitung mit Word® fehleranfällig: Die Autorinnen und Autoren erstellten auf Basis einer vordefinierten Vorlage verschiedene Dokumente und laden diese in DB SharePoint hoch, wo die Prüferinnen und Prüfer die Dokumente nach formalen und inhaltlichen Kriterien durchsehen. Die zwischen 5 und 100 Seiten langen Dokumente müssen akribisch nach formalen und inhaltlichen Kriterien geprüft und korrigiert werden. Dabei können sich Fehler einschleichen. Im neuen Prozess extrahiert die MVP-Lösung mit Hilfe von KI wichtige Informationen aus den Dokumenten und prüft, ob formale Kriterien wie beispielsweise Versions- oder Referenznummern im Dokument durchgehend korrekt referenziert sind. Dadurch gewinnen die Prüfer mehr Zeit für die inhaltliche Prüfung.
Großes Potenzial für die Zukunft
Bis zu 3.600 Dokumente werden pro Produktrelease innerhalb der Systementwicklungen der Digitalen Schiene Deutschland erstellt. Da diese im Normalfall über einen mehrjährigen Zeitraum fortlaufend aktualisiert werden, ergibt sich ein Prüfaufwand von circa 150 formalen und 300 inhaltlichen Prüfungen pro Monat. Würde man das MVP auf alle Bereiche und kontinuierliche Dokumenteniterationen übertragen, ließen sich jährlich enorme Effizienzgewinne realisieren.
IBM Expert Labs und die Digitale Schiene Deutschland treiben nun gemeinsam eine Lösung für den produktiven Einsatz in ersten Pilotabteilungen voran. Dabei sollen Anwendungsfelder und -umfänge identifiziert werden, in denen das Potenzial der KI-gestützten Prüfung voll ausgeschöpft werden kann. In Zukunft könnte die Lösung beispielsweise weiter verbessert werden, indem eine generative KI anstelle eines Python-Codes für die Regelerstellung und -ausführung eingesetzt wird. Dies hätte den Vorteil, dass der KI die Regeln nicht erst beigebracht werden müssten, nach denen sie die Dokumente prüfen soll. Eine GenAI wie z.B. watsonx.ai könnte diese Regeln selbst erstellen und ausführen, um weitere Zeit im Prüfprozess zu sparen. Die neue Technologie verspricht, die Prozesse bei der Digitalen Schiene nachhaltig zu verbessern und birgt das Potenzial auf die gesamte DB InfraGO AG ausgeweitet zu werden.
In vier Wochen zum MVP mittels Design Thinking Ansatz
Erarbeitet wurde die Lösung in einem gemeinsamen Design Thinking Workshop mit Kolleginnen und Kollegen der Digitale Schiene Deutschland- und IBM Client Engineering-Teams. Dabei wurde zunächst der bestehende Prozess der Dokumentenprüfung genau untersucht und das Verständnis für die beteiligten Personas wie Dokumentersteller und -prüfer vertieft. Als Hauptproblem wurde die Schwierigkeit identifiziert, die Aufmerksamkeit des Prüfers bei der Überprüfung der vielen formalen Details aufrechtzuerhalten. Die Suche nach korrekten Versions-, oder identischen Referenznummern und vielen anderen Kriterien über bis zu hundert Seiten hinweg ermüdet die Bearbeiter und führt zu Fehlern. Hier setzten sie mit der KI-Lösung an.
Wer mehr über die Möglichkeiten von KI zur Prozessbeschleunigung erfahren möchte, kann sich direkt an die Experten von IBM oder DSD wenden. Mehr Informationen zu IBM Client Engineering finden Sie hier.