Für ein modernes Schienennetz in Europa: Vom bayerischen Marktredwitz nach Tschechien
Die Digitale Schiene Deutschland (DSD) digitalisiert die Bahnstrecke vom bayerischen Marktredwitz nach Tschechien: Nach umfangreichen Planungen beginnen Mitte August in Schirnding die Bauarbeiten für die Errichtung eines modernen Elektronischen Stellwerks (ESTW). Anschließend wird der Streckenabschnitt zwischen Arzberg und der tschechischen Grenze mit dem europaweit einheitlichen Zugbeeinflussungssystem European Train Control System (ETCS) ausgerüstet. Im Interview erklärt der zuständige Projektleiter Alexander Serdyuk, welche Baumaßnahmen im Detail geplant sind und was die Umrüstung und Digitalisierung der Technologie für die Region und den europäischen Zugverkehr bedeutet.
Herr Serdyuk, nach einer intensiven Planungsphase geht das sogenannte Projekt „Grenzübergang Tschechien: Schirnding – Marktredwitz“ jetzt in die Bauphase über. Was wird nun auf der Strecke zwischen Marktredwitz über Arzberg und Schirnding bis zur tschechischen Grenze realisiert?
In der bevorstehenden Bauphase digitalisieren wir die bestehende Leit- und Sicherungstechnik (LST) und rüsten auf das moderne und europaweit einheitliche European Train Control System (ETCS) um. ETCS ist das Zugbeeinflussungssystem, das in Europa die unterschiedlichen Zugbeeinflussungssysteme ablösen wird. Denn jedes Land hat mindestens eins, Deutschland hat mit der Punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) und der Linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB) sogar zwei Zugbeeinflussungssysteme.
Vor der ETCS-Ausrüstung muss jedoch die bestehende Leit- und Sicherungstechnik modernisiert werden, damit sie die technischen Anforderungen für die ETCS-Ausrüstung erfüllt. Das beinhaltet auch die Hochrüstung des alten Relaisstellwerks in Schirnding. Um die Strecke also fit für ETCS zu bekommen, bauen wir hier ein modernes Elektronisches Stellwerk (ESTW). Damit werden die Baumaßnahmen jetzt im ersten Schritt auch beginnen.
Wie lange soll der Bau andauern und wie sehen die weiteren Arbeiten im Detail aus?
Noch im August starten wir mit der Aufstellung des Modulgebäudes für das ESTW in Schirnding. Dazu werden wir entlang der Strecke drei Bahnübergänge erneuern, 87 Kilometer Kabel verlegen sowie 47 Signale und 18 Weichenantriebe ersetzen. Im Anschluss daran rüsten wir die Strecke auf acht Kilometern mit ETCS aus. Dafür werden u. a. rund 250 Balisen für die Datenübertragung zum Zug auf den Gleisen verlegt. Diese übertragen z. B. Informationen für die genaue Ortung des Zugs. Die Gesamtinbetriebnahme der Strecke ist für Ende des kommenden Jahres geplant.
Sie entwickeln im Projekt gemeinsam mit Tschechien neue Technologien: Was sind das genau für Entwicklungsleistungen?
Zusammen mit unseren tschechischen Kolleg:innen entwickeln wir neue und gemeinsame Stellwerks- und ETCS-Technologien zwischen beiden Ländern. Genau genommen geht es hier zum einen um die gemeinsame Entwicklung einer kompatiblen Blocktechnik und um die gemeinsame Entwicklung und Erstanwendung einer ETCS-geführten Transition zwischen beiden Ländern. So können künftig sowohl Personen- als auch Güterzüge aus Deutschland vor der Grenze vom deutschen Zugbeeinflussungssystem PZB auf das europäische ETCS wechseln und in Tschechien nahtlos weiterfahren. Umgekehrt ist das Ganze natürlich auch möglich. Das vereinfacht den Zugverkehr erheblich. Von diesen technischen Entwicklungen werden auch zukünftige Projekte zwischen Deutschland und Tschechien profitieren.
Welche Auswirkungen hat das Projekt für Fahrgäste und Reisende?
Mit der Digitalisierung der Bahnstrecke erhöhen wir die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit unserer Züge und optimieren den grenzüberschreitenden Bahnverkehr. Wir leisten also ganz praktisch an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien einen wesentlichen Beitrag für ein modernes, digitales Schienennetz in Europa.
Hier geht es zur offiziellen Presseinformation zum Baubeginn in Schirnding.