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31.08.2021

Erprobung von innovativen Antennensystemen für das zukünftige Bahnfunknetz FRMCS startet

Das Erzgebirge wird zum Testlabor für Innovationen im Bahnfunk: Die Digitale Schiene Deutschland erprobt zusammen mit Ericsson und Rohde & Schwarz neuartige Antennentechnologien für das Bahnfunknetz der Zukunft. Die Untersuchungen im Digitalen Testfeld Bahn im Erzgebirge nutzen das Frequenzspektrum bei 1.9 GHz, das für den zukünftigen, bahnbetrieblichen Funkstandard FRMCS (Future Railway Mobile Communication System) vorgesehen ist. Erkenntnisse aus den Testreihen werden helfen, die Funknetzplanung im Hinblick auf künftige digitale Bahnanwendungen zu optimieren.

 

Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz sind der Schlüssel für eine höhere Kapazität und eine optimale Auslastung des Schienennetzes.  Ein hoher Automatisierungsgrad geht einher mit höheren Anforderungen an den Datenaustausch zwischen Zug und streckenseitiger Infrastruktur. Beispiele sind neue datenhungrige Services wie das Übertragen von bahnbetrieblich relevanten Video- und Sensorinformationen, die künftig neben Sprachverkehren und der Übertragung von Zugsicherungsinformationen ausgetauscht werden sollen. Der neuste Mobilfunkstandard 5G wird die Basis für das künftige bahnbetriebliche Funksystem FRMCS bilden. Dieser wird das derzeitige, auf 2G basierende GSM-R Funksystem zunächst während einer Migrationsphase ergänzen und perspektivisch ablösen. GSM-R wird die notwendigen Konnektivitätsanforderungen des künftigen digitalen Bahnsystems nicht mehr bedienen können. Der FRMCS-Standard hingegen erfüllt die hohen Ansprüche an künftige Datenraten, Latenzzeiten, Verfügbarkeit und Verschlüsselung.

 

Ein elementarer Baustein, um höhere Datenraten zu erreichen und die Reichweite der Funkzellen in Bahnkommunikationsnetzen erheblich zu erhöhen, sind innovative Mehrantennen-Funkverfahren. Beispiele hierfür sind Multiple-Input Multiple-Output (MIMO*), Coordinated Multi-Point (CoMP***) und Beamforming**, die allesamt für eine Optimierung der Funkübertragung im Bahnumfeld eingesetzt werden können. Eine Konzept- und Simulationsstudie zu diesen Technologien wurde bereits im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Digitalen Schiene Deutschland und Ericsson im Jahr 2019 durchgeführt. In diesem Folgeprojekt realisieren die Partner nun einen Praxistest der Technologien im Digitalen Testfeld Bahn der DB im sächsischen Erzgebirge. Die Feldversuche werden im TDD-Frequenzband 1900-1910 MHz durchgeführt, das eines der Frequenzbänder für die Einführung von FRMCS sein wird.

 

Im Rahmen der geplanten Versuche zur Performanz von Mehrantennentechniken im Eisenbahnkontext stellt Ericsson die Mobilfunknetzinfrastruktur und die Firma Rohde & Schwarz spezialisiertes Messequipment bereit. Ein weiterer Partner ist DB Technik TecLab, welcher den Testzug „advanced TrainLab“ – das fahrende ICE-Labor für die Erprobung von Zukunftstechnologien – mit in das Projekt einbringt. Auf dem Dach des Test-ICE befindet sich eine Dachträgerplattform, die das flexible Anbringen mehrerer Zugantennen erlaubt. Damit können verschiedene Strategien für die Platzierung von Fahrzeugantennen für FRMCS bewertet werden.

 

Die Feldversuche sind ein wesentlicher Schritt der Digitalen Schiene Deutschland und DB Netz auf dem Weg zur geplanten Einführung einer DB-eigenen FRMCS-Infrastruktur, die die entscheidende Basis für die Konnektivität des digitalen Bahnsystems bilden wird. Ergebnisse werden für Ende 2021 erwartet. Die Erkenntnisse aus der Praxiserprobung sollen dazu beitragen die FRMCS-Funkbereitstellung auf die spezifischen Anforderungen des digitalen Bahnsystems der Zukunft zuzuschneiden. Darüber hinaus werden sie in den laufenden FRMCS-Standardisierungsprozess einfließen. Zudem werden die Erkenntnisse aus der Erprobung eine wichtige Basis für die Dimensionierung des Flächenrollouts von FRMCS/5G darstellen. 

 

 

* Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Systeme nutzen gleichzeitig mehrere Antennenelemente an Sende- und Empfangsseite für das räumliche Multiplexen von mehreren Datenströmen.

 

** Beamforming-Verfahren erlauben es, ein Sendesignal gezielt in eine bestimmte Richtung auszustrahlen und damit die Signalqualität, die Signalreichweite und die Datenrate zu erhöhen.

 

*** Coordinated Multi-Point (CoMP) bezeichnet Verfahren, bei welchen Antennen an benachbarten Funkzellenstandorten die Datensignale für/von einem Zug durch Koordinationsmechanismen gemeinsam senden/empfangen und damit die Signalqualität und Datenrate insbesondere an den Rändern der Funkzellen erhöhen.